Aggression

Das Wort Aggression kommt aus der lateinischen Sprache. «Aggredī» bedeutet heranschreiten, sich nähern, etwas in Angriff nehmen. Das in uns eingebaute Verhaltensmuster nutzen wir Menschen zur Selbstverteidigung, zur Gewinnung von Ressourcen und zur Bewältigung potenziell gefährlicher Situationen.

Nutze die gesunde Aggression, um vorwärts zu kommen!

Im Beruf hilft uns die Aggression in Form von Durchsetzungsstärke, unsere Ziele zu erreichen und Grenzen zu setzen. Motivierte Sales brauchen ein gewisses Mass an Aggression, um trotz der Widerstände und «Neins» weiterzumachen. Richtig kanalisiert, kann Aggression also die Basis für Erfolg sein.

«Positive Aggression ist Schach. Sie hat nichts mit Wutausbrüchen zu tun. Eher mit Taktik. Es ist der Mut, Widerstände zu überwinden, Mauern zu durchbrechen und bei Gegenwind nicht einzuknicken. Durchsetzungsstärke und Biss könnte man auch dazu sagen.»

Jens Weidner, Aggressionsexperte und Entwickler der Peperoni-Strategie

Die zerstörerische Aggression

Viele von uns kennen aus eigener Erfahrung, wie Frust, Schmerz oder Unwohlsein negative Gefühle auslösen und eine destruktive Kraft entwickeln können. Gewalttätigkeiten gegen Mitmenschen oder Beschädigung fremden Eigentums können Folgen davon sein. Während die einen schreien, schlagen und zerstören, richten andere ihre Aggression gegen sich selbst. Sie verletzen sich, indem sie sich beispielsweise die Haare ausreissen oder ihren Kopf gegen eine Wand schlagen. Dieses selbstverletzende Verhalten nennt man Autoaggression (SVV).

Schauen wir uns das «bekannte» Beispiel Fussball-Match an. Zwei Fangruppen feuern ihre jeweilige Mannschaft an. Je nach Spielverlauf kommt es zu verbalen Auseinandersetzungen, die Fans des einen Teams provozieren die Fans der gegnerischen Mannschaft. Die Stimmung wird gereizt, erste Gegenstände fliegen durch die Luft, eine Schlägerei entsteht. In diesem Fall sind lokalpatriotische Gefühle und das Zughörigkeitsgefühl zu der jeweiligen Mannschaft, die eine solche Animosität entstehen lassen.

In einer Partnerschaft kann sexuelle Aggression grosses Leid auslösen. Zum Beispiel, wenn der eine Partner seine Bedürfnisse mit Gewalt eingefordert. Auch am Arbeitsplatz oder an Schulen beobachten wir, dass der Stärkere den Schwächeren attackiert, verbal oder körperlich. Die Opfer verteidigen sich nicht, weil ihr Aggressionsimpuls ausgeschaltet ist.

In den letzten Jahren hat sich eine aggressive Sprache im Internet verbreitet. Vor allem in den sozialen Netzwerken und den Kommentarspalten der Newsportale sind verletzende und diffamierende Kommentare anzutreffen. Der gezielte Einsatz von Gerüchten und die Verbreitung von Halbwahrheiten nennen wir eine indirekte Aggression. Ihr Ziel ist es, eine Person oder eine Gruppierung und deren Ruf zu schädigen. Diese Art der Aggression wirkt zerstörerisch. Der verbale Ausdruck wird zu Waffe, der Betroffene erlebt die Worte als Gewalttat. 

Es gibt auch gesellschaftlich akzeptierte Aggressionen. Hierzu zählen Notwehr und Kampfhandlungen im Krieg.

Hole dir die Kraft der positiven Aggression zurück!

In meiner Praxis beobachte ich häufig eine fehlende Aggression im Sinn des lateinischen Ursprungswortes «aggredere»: herangehen. Diesen Klienten fehlt die Kraft, etwas Neues zu starten. Aus schlechter Erfahrung nutzen sie ihren biologischen Mechanismus nicht mehr, sie haben sich handlungsunfähig gemacht. Teilweise haben diese Menschen viele Ideen, jedoch der Schritt zur Ausführung ist verunmöglicht. Folglich bleiben sie an Ort und Stelle stehen. Wenn der Mensch diesen Stillstand realisiert, wird er traurig und ohnmächtig, die Negativspirale beginnt ihre Abwärtsdrehung.

Sichtbarmachung kann Veränderung bewirken

Wenn sich in einem Gespräch herausstellt, dass der Klient mit Ohnmacht seine Aggression blockiert, stelle ich diese Ohnmacht als Beispiel in den Raum. Der Klient sieht sie vor sich, sehr prominent. Oftmals geschieht bereits zu diesem Zeitpunkt eine Regulierung in seinem Nervensystem. Danach schauen wir mit einem imaginären Vergrösserungsglas aus der Ferne auf die Ohnmacht. Ohne Widerstand, sie darf sein. Der Klient macht sich bewusst, dass diese Ohnmacht irgendwann eine Schutzfunktion hatte, die er nun nicht mehr benötigt und als störend empfindet. Mit diesem Hinschauen und Vergrössern verliert die Ohnmacht ihre Kraft, sie wird kleiner. Sichtbare Zeichen für eine Regulierung im Körper sind ein freierer Atem und eine aufrichtigere Haltung, manchmal begleitet von Emotionen wie Trauer. Auch diese Emotionen dürfen sein und können metabolisiert werden. Nun hat das übergrosse Gefühl der Ohnmacht seine Kraft verloren, die mit dem Ereignis verbundenen Emotionen schwappen nicht mehr hinüber. Im Körper kehrt Frieden ein. Um in die Handlungsenergie zu kommen, gehen wir nun Schritt für Schritt sämtliche Aspekte durch im Zusammenhang mit dem, was es so schwierig machte. Wir lösen die Blockaden, so dass sie den Lebensfluss nicht mehr einschränken. Der Klient kann seine Aggression wieder nutzen, um etwas in Angriff zu nehmen.