Erwarten oder Bewirken

Erwartungen in zwischenmenschlichen Beziehungen

Wenn man das Wort Erwartung auseinander nimmt erhält man die Vorsilbe er und das Verb warten. Er signalisiert als Vorsilbe den Beginn eines Geschehens oder das Erreichen eines Zwecks.  Das warten versteht sich als eine passive Form der Erfüllung von Wünschen. Führt man sich vor Augen, was beide Teile bedeuten, gewinnt man Einblick ins Wesen einer problematischen Haltung.
Wenn wir also in einer Erwartungshaltung sind, warten wir auf etwas, was jemand anderer für uns tut. Wir müssen dadurch für dessen Verwirklichung nichts mehr tun. Wir warten darauf, dass er, der Andere für uns macht.

Die Erwartung ist eine passive Grundhaltung und oft verknüpft mit unbewussten frühkindlichen Wünschen, die von den Eltern nicht erfüllt wurden. Es kann sein, dass Vater und Mutter überfordert waren, die kindliche Not nicht in ihrer Tiefe erkennen konnten, mit sich selber beschäftigt waren, durch Problembewältigungen in der Ehe absorbiert waren und mehr.

Somit versucht man auf einer unbewussten Ebene etwas zu kompensieren was damals nicht geleistet wurde. Man macht sich abhängig. Dies führt zu Gefühlen der Ohnmacht und Hilflosigkeit. Der andere ist im gewissen Sinne verantwortlich für unser Wohlbefinden. Wenn das Erwartete ausbleibt entstehen Wut, Ärger und Frustration. Es ist ein Abwehrmechanismus. Erwartungshaltungen entstehen oft auf partnerschaftlicher Ebene und in zwischenmenschlichen Beziehungen. Wieso hat er das Auto nicht geputzt. Warum sind die Hemden nicht gebügelt. Er/sie hat es mir doch Versprochen. Wieso macht er/sie nie das was ich möchte. Wie oft muss ich ihm/ihr noch sagen wie ich es gerne hätte…

Der Gegenpol ist das Bewirken. Das ist eine aktive Haltung und wir handeln im eigenen Interesse, sind also Selbstbestimmt, was ein angeborener Impuls ist. Wir sind Eigenständig und in der erwachsenen Position.

Derjenige der auf das Handeln des Anderen wartet, fühlt sich zurückgewiesen oder abgewertet. Er ist verletzt und gekränkt und macht Druck, um seinen Anspruch durchzusetzen. Zeigen kann sich dies folgendermassen:

  • Leiden bis hin zum Drama
  • Erpressung
  • Verführung
  • Eifersüchtig machen
  • Vorwürfe (wir haben das so abgemacht) 
  • Intrigen
  • Trennungsdrohungen
  • Drohungen allgemein
  • Vergleiche mit früheren Partnern
  • Taktischer Liebesentzug

Wer etwas erwartet, weist dem Gegenüber eine bestimmte Rolle zu und aktiviert damit Widerstand. Der Andere fühlt sich durch die Erwartungshaltung in seiner Freiheit eingeschränkt. Entweder, er verweigert das Erwartete, um seine Autonomie zu bewahren, oder er beugt sich im Interesse der Zugehörigkeit. Druck kann auch einen gewissen Gegendruck auslösen und Unstimmigkeiten sind die Folge.