Bisher habe ich überlebt –
wie Leben geht weiss ich nicht
Das klingt dramatisch und ist es auch.
Ich habe nicht das Gefühl gelebt zu haben oder mein Leben aktiv gestalten zu können. Es fügt sich zwar alles irgendwie ineinander, darüber bin ich auch froh, nur hat das nichts damit zu tun meine Träume und Wünsche zu verwirklichen. In gewisser Weise werde ich gelebt.
Diese und ähnliche Worte höre ich immer wieder.
Gibt es eine Legitimation für Selbsthass, Unzufriedenheit, depressiver Verstimmung, Ohnmachtsgefühl, Selbstverurteilung und Phasen der Einsamkeit und grossen ohnmächtigen Erstarrung in einem Land wo es grundsätzlich ein geordnetes Leben gibt und Sicherheit und Wohlstand vorhanden sind. Uns hat es doch gut zu gehen.
Es gibt einfach kein Gefühl von Glück oder Wohlbefinden
Mein Leben ist ein permanenter Überlebenskampf ohne zu wissen wann, wie und wo er endet. Ein nicht wissen wie sich Leben anfühlt. Keine Möglichkeit mitzubestimmen oder mitzugestalten. Das Leben macht mit mir.
So viele Chancen habe ich verpasst oder sind an mir vorbeigezogen, unfähig eine davon zu ergreifen, so sehr ich mir das auch gewünscht habe. Geblieben ist grosse Verzweiflung und einmal mehr bin ich im Käfig der Depression gefangen, eingesperrt, energielos und leer. Ich sehe keinen Ausweg und kein Ende. Zeiten in Kargheit und Bitterkeit. Ein Leben ohne Freude, viele nicht gelebte, tote Jahre.
Ursachen dafür gibt es viele.
Was mir relativ oft begegnet ist eine schwere, traumatische Geburt, auch wenn ich betreffend der Frage wie bist du auf die Welt gekommen, oft die Antwort erhalte, es war alles normal. Bei diesem Satz wird etwas in mir hellhörig.
Eine grosse Wirkung kann der Zwillingsverlust/Mehrlingsverlust haben.
Körperliche und psychische Gewalt sowie Vernachlässigung können weitere Faktoren sein.
Alkoholkranke, drogensüchtige oder abwesende , auch emotional abwesende Eltern sind weitere Aspekte für ein nicht gelebtes Leben.
Glaubenssätze haben grosse Wirkung auf uns und wie wir Leben erfahren.
Welche Wirkung hat der Krieg auf uns?
Der Krieg wirkt unbewusst auf unsere Lebensqualität. In welcher Form erlauben wir uns glücklich zu sein und Leichtigkeit zu spüren, wenn ein grauer Schleier über dem Elternhaus liegt. Heiter und fröhlich sein geht nicht, wenn Vater und Mutter vom Krieg gezeichnet und schwer Traumarisiert sind. Das Kind passt sich an und versucht auszugleichen. Lieber verzichtet es auf das Eigene und in ihm Vorhandene.
Ingrid Meyer-Legrand sagte kürzlich nach einem Besuch in der Schweiz, dass sie unser Land europäischer erfahren hat als Europa.
Ihre Aussage dazu:
- Diese Frau hat einen französischen Vater
- Jene eine Mutter aus Österreich
- Der Mann einen italienischen Vater
- Bei diesem Paar sind je ein Elternteil aus dem benachbarten Ausland
Somit ist die Schweiz allein dadurch viel mehr von diesem Thema betroffen als allgemein angenommen wird. Ich wünsche mir, dass da eine Offenheit gegenüber dem Kriegsenkel Thema entstehen darf.
Ingrid Meyer-Legrand schrieb ein Buch dazu «Die Kraft der Kriegsenkel.»
Hast du Lust auf Spurensuche?
Der Gewinn ist Lebensfreude und Glück als nachhaltige Quelle für ein gelebtes Leben, das Lebendig werden darf.